Interview mit Matt Groening "Ein bisschen wie Gott"

TV Spielfilm 07/2004

Ein bisschen wie Gott

"Die Simpsons" sind ein Fernseh-Welterfolg und er ist ihr Schöpfer: Matt Groening über die Zukunft seiner gelben Kultfamilie

Hollywoods erste Garde steht Schlange, um eine Gastrolle in der erfolgreichsten Zeichentrickserie der Welt sprechen zu dürfen. "Die Simpsons" warten auch in der 13.Staffel, die Pro Sieben ab dem 8.Februar ausstrahlt, wieder mit skurrilen Abenteuern auf. Matt Groening, Erfinder der glubschäugigen Sippe aus Springfield, spricht im TV SPIELFILM-Interview sein Leben mit den "Simpsons" und die Zukunft seiner zweiten Serie "Futurama".

US-Präsident George W. Bush taucht in der 13.Staffel gar nicht auf. Sind "Die Simpsons" nach dem 11.September 2001 politisch korrekt geworden?

Matt Groening: Nein. Wir haben früher viel Schabernack mit Präsident George Bush getrieben, aber seinen Sohn lassen wir erstmal in Ruhe. Obwohl George W. Bush ein guter Freund für Homer wäre. Die zwei sind geistig sehr verwandt.

Wird Osama bin Laden irgendwann bei den Simpsons vor der Tür stehen?

MG: Das glaube ich kaum. Bin Laden ist eher ein Fall für "South Park".

Wie viel von ihrem eigenen Leben steckt in der Serie "Die Simpsons"?

MG: Als 1987 alles begann, war die Serie sehr autobiografisch. Mein Vater heißt Homer, meine Schwestern heißen Lisa und Maggie. Meine Mutter heißt zwar Margeret, aber inzwischen nennen viele Freunde sie nur noch Marge. In den ersten Staffeln steckte viel aus meiner Kindheit. Mittlerweile arbeiten 18 Autoren an der Serie und jeder einzelne baut eigene Erlebnisse ein.

Wie gefällt ihrer Familie die Serie?

MG: Mein Vater, der vor einigen Jahren starb, liebte die Serie. Er hasste es aber, wenn Homer seine Frau schlecht behandelt, Mein Dad war übrigens auch Filmemacher. Als Kind habe ich ihn ständig angefleht, Zeichentrickfilme zu machen. Er meinte aber, das koste zu viel Arbeit und Nerven.

Stimmen sie ihm heute zu?

MG: Ich bin mit größter Freude Cartoonist. Aber ich habe auch die ideale Arbeitsteilung gefunden: Ich erschaffe Figuren und andere Leute müssen die harte Arbeit leisten und die Geschöpfe in Bewegung bringen. Ich fühle mich ein bisschen wie Gott.

Der taucht sogar als regelmäßiger Gast in den "Simpsons" auf.

MG: Viele Amerikaner beschweren sich, dass Fernsehfamilien nie zur Kirche gehen. Die Simpsons tun das und beten viel. Es gibt bei uns sogar Gott. Er ist ein großer Typ mit fünf Fingern, nicht nur vier wie alle anderen Figuren. Trotzdem kritisiert man uns. Verstehe das nicht.

Wie lang wird es die Simpsons geben?

MG: Vermutlich immer. Wir sprechen mit 20th Century Fox auch über einen Kinofilm. Die wollen unbedingt einen haben, weil sie damit viel Geld machen können. Das ist für mich aber kein Argument. Es gibt zurzeit einfach keinen künstlerischen Grund "Die Simpsons" auf die Leinwand zu bringen.

Mochten sie als Kind die Disney-Filme?

MG: Oh ja, ich war immer ein großer Zeichentrickfan. Mit drei Jahren habe ich "Bambi" gesehen. In der Szene mit dem Waldbrand dachte ich, das Kino brennt. Da habe ich so laut geschrien, dass man mich aus dem Theater tragen musste.

Wie viel Arbeitszeit investieren sie überhaupt noch in "Die Simpsons"?

MG: In den letzten Jahren habe ich fast nur noch an "Futurama" gearbeitet. Aber ich schaue jede Woche bei den "Simpsons" vorbei und lese die Bücher. Ich bin da quasi der Historiker. Ich weiß, was es schon mal in den alten Staffeln gab und was neu ist. Eine Serie 13 Jahre lang witzig zu halten, ist schwer. Wir müssen die Zuschauer immer wieder überraschen, dürfen aber andererseits die bekannten Figuren nicht zu stark verändern.

Was liegt ihnen stärker am Herzen? "Die Simpsons" oder "Futurama"?

MG: Nichts und niemand wird je "Die Simpsons" schlagen. Das ist, als ob sich Paul McCartney zwischen "Beatles" und seiner späteren Band "Wings" entscheiden müsste. Manche Dinge kann man einfach nicht mehr toppen.

Arbeiten sie an einer neuen Serie?

MG: Ja. Ich habe viele Ideen im Kopf. Die verrate ich aber nicht mal Fox. An "Futurama" habe ich auch drei Jahre gearbeitet, bevor ich das Projekt erstmals präsentiert habe.

Welche Zukunft hat "Futurama"?

MG: Wir stellen gerade die letzten der vereinbarten 72 Episoden fertig. Leider hat Fox bislang keine weiteren geordert. Das ist sehr schade. Ich bin stolz auf die serie. Unsere Fans zeigen sich solidarisch und bonbardieren das Studio mit bis zu 80.000 Mails pro Woche, in denen sie die Fortsetzung von "Futurama" fordern. Man kann nur hoffen, dass die nicht alle plötzlich faxen. Dann geht Fix ganz schnell das Papier aus.

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