"Gelb Sucht" - 10 Jahre Simpsons

WAZ v. 11/1999

Seit zehn Jahren leben wir mit der fabelhaften Simpsons-Sippe

Vor zehn Jahren brachen sie wie eine Naturkatastrophe über Deutschland herein: The Simpsons. Seitdem grassiert Gelb-Sucht im Fernsehen. Und jetzt auch wieder auf Video.

Wie alles begann: Im April 1987 erschien die damals noch zeichnerisch verzerrte Familie erstmals in Kurzfilmchen während der Tracy-Ullman-Show. Der Erfolg verhalf 1990 zur eigenen Serie , und die wurde hier zunächst bei Premiere ausgestrahlt , später im Vorabendprogramm bei den Schnarchnasen vom ZDF , die Pro-Sieben übernehmen ließen. Auf dem Privatsender laufen die Episoden seit 1994 , inzwischen in der zehnten Staffel , montags bis freitags 17.30 Uhr. Erfinder Matt Groening - wie fast alle Comic-Charaktere ein Linkshändler - setzte mit den Vornamen der Simpsons-Verziehungsberechtigten seinen eigenen Eltern ein Denkmal: Home rund Margareth , genannt Marge. Und Bart , das alte Rotzblag , ist ein Anagramm von "brat" , was soviel heißt wie Rotzblag. Gesprochen wird El Barto übrigens von einem Mädchen: der Synchronstimme von Milla Jovovich in der aktuellen Joan D'Arc-Verfilmung. Pünktlich zum Jubiläum , rechtzeitig zum Kinostart der Antagonisten von South Park , erschien jetzt die siebte Kaufkassette "Die Simpsons go to Hollywood". Vier Geschichten , leider keine unveröffentlichten , aber dafür im Best-of-Format. Kim Basinger , Alec Baldwin und viele mehr erleben Gastauftritte , "Cheers" wird mit einer Parodie gewürdigt. Auch Aerosmith und die Red Hot Chili Peppers sind dabei. Wie einst die großen Ramones in einer Fernsehfolge. Kein Wunder , dass Homer eine Prominenten-Psychose befällt ... Großartig auch die Szene , wie der traurige Spaßmacher Krusty , der sich als Halbbruder des nichtsnutzigen 90210-Stars Luke Perry outet , "Send in the Clowns" von der Streisand zum Besten gibt. Auch die beliebten Flashbacks fehlen nicht: Marge hatte tatsächlich schon als kleines Mädchen die blaue Turmfrisur. Die Simpsons sind so fabelhaft , weil die Liebe im Detail steckt. Und das ist das schöne am Video: Man kann alle Zeichen-Gimmicks uim Hintergrund durch Superslomos abscannen. Es lohnt sich ! Aber auch die vordergründigen Gags sind schon allein durch ihre Wiederholung witzig. Etwa Barts Strafarbeit im Vorspann , wenn er zum Beispiel 100 mal an die Tafel schreiben muss , dass er keine Kreide verschwenden soll. Oder wenn Bart bei Moe in der Taverne anruft und irgendwelche frei erfundenen Leute verlangt. "Ist hier vielleicht jemand , der Reinsch heißt ?" Telefonstreich ! Klar , dass Pädagogen Alarm schlagen bei soviel Anarchie. Geschenkt ! Die "Itchy und Scratchy-Show" beispielsweise ist doch nur eine logische Weiterentwicklung von "Tom und Jerry". Und nicht umsonst bekommen die Simpson bald ihren eigenen Stern auf dem Walk of Fame. Wann Matt Groenings neue Serie "Futurama" in Deutschland zu sehen sein wird , ist jedoch noch Zukunftsmusik...

Marc Oliver Hänig

Originalartikel