Für Kindsköpfe

WAZ v. 10/2007

Um "Die Simpsons" oder "South Park" vollends zu verstehen, sollte man schon erwachsen sein. Beide Serien sind vom Leben gezeichnet und kreisen rund um die Gürtellinie. Gerne auch mit Tiefgang.

Die Simpsons

von Georg Howahl

Im Alter werden wir uns immer ähnlicher: Das Haar wird schütter, der Bauch ein wenig runder, und im Oberstübchen kullern auch nicht immer alle Murmeln, wie sie sollten. Homer Simpson ist mein Freund, wir teilen sogar gewisse Vorlieben: Donuts, Bier und Schweinekoteletts. Und doch beneide ich ihn. Er war schon genau derselbe alte Loser, als ich noch voll im Saft stand. Mit uns Menschen geht's bergab, während Homer noch derselbe sein wird, wenn ich längst wie der greise Abe Simpson hinter einem Krokodil hertaumele, das mein Gebiss stibitzt hat.

Als mir neulich jemand sagte "Das ist wie mit den Simpsons: Die mag jeder!", wurde mir auch klar, warum. In den Simpsons steckt vieles allzu Menschliche: Faul, verfressen, arbeitsscheu, aber gutmütig, das ist Homer; lausbübisch, hinterhältig, unvernünftig, das ist Bart; streberhaft, empfindlich und romantisch, das ist Lisa; pflichtversessen, fürsorglich und versöhnlich, das ist Marge. Und die kleine Maggie schweigt weise.

Der Humor der Simpsons spart sich ein paar Dinge, mit denen Konkurrent "South Park" punktet: Grotesk überzogene Gewalt (außer bei "Itchy & Scratchy) und eine Kanonade mit Gossensprache. Wo "South Park" saftig unter die Gürtellinie greift, bleiben die Simpsons recht familienfreundlich. Ihre Storys speisen sich oft daraus, dass einer der Charaktere in Unglück/Chos/Wahnsinn stürzt, was zu verrückten, aber recht sympathischen Verwicklungen führt. Und das seit 18 Staffeln.

Sollten die Simpsons bei diesem Vergleich den Kürzeren ziehen, verspreche ich Ihnen, lieber Simpsons-Fan, dass ich den Kollegen, der sich rechts auf dieser Seite über "South Park" auslässt, ebenso liebevoll behandeln werden, wie Homer es mit Bart nach einem bösen Streich tut...

  • Kompentenz: 0/6
  • Sex-Appeal: 6/6
  • Schlagfertigkeit: 6/6
  • Schwiegermuttertyp: 0/6
  • Nervfaktor: 0/6

South Park

von Heiko Kruska

Als ich den "South Park" Ende der 90er während eines Kanada-Aufenthalts erstmals betrat fiel mir vorm Fernseher das Holzfällersteak aus dem Gesicht. Kleine Zeichentrickkinder terrorisierten ihre US-Kleinstadt, beschimpften alles und jeden, am liebsten Kanadier, auf nicht zitierbare Art und verloren in jeder Folge denselben Kumpel durch einen absurden Unfall ("Oh, mein Gott! Sie haben Kenny getötet!"). Sowas gibt's nur hinterm großen Teich, dachte ich mir und kaufte direkt eine "South Park"-Spielzeugfigur.

Zwei Jahre später RTL geschaltet und die dürfti gemalten Monsterblagen auch in deutsche Wohnstuben geschubst. Die Kinderzimmer blieben aber verriegelt, denn über den pädagodischen Wert von Cartman, Kenny, Stan und Kyle darf gestritten werden. Hitzig sogar, wie die Zensur einiger Folgen beweist.

Doch spiegelndiese Bratzen nur die Gesellschaft. Klassenunterschiede, Mobbing, Homophobie, Rassismus - die kleine "South Park"-Welt hat ein großes Vorbild, weshalb das Lachen oft im Schlund stecken bleibt.

Überzeichnung ist wohl ein passender Begriff, wenn Jesus eine TV-Show moderiert, Exkremente Weihnachtssongs singen, im Schul-Chefkoch die Libido brodelt oder Cartmans Onkel Charles Manson ist. Absoluter Schwachsinn, klar, aber mitunter ein herrlicher.

Wenn ein Nerv getroffen wird, lässt das Geschrei nicht lange auf sich warten. So ließ Tom Cruise eine Episode in Großbritannien verbieten, weil er sich durch den Rundumschlag gegen Scientology schwer gezeichnet fühlte.

Dass den "South Park" viele Fernsehpreise zieren, zeigt, dass sogar die USA über sich selbst lachen können. Ausgezeichnet! Falls der Kollege zur Linken das anders sieht, wünsche ich ihm vieles, aber keinen Abgang im Kenny-Stil...

  • Kompentenz: 1/6
  • Sex-Appeal: 0/6
  • Schlagfertigkeit: 6/6
  • Schwiegermuttertyp: 0/6
  • Nervfaktor: 3/6

Originalartikel